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Autokauf-Finanzierung: Widerruf eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags

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10 Mrz, 2022
Autokauf-Finanzierung: Widerruf eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags

Bei einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag kann der Darlehensgeber die Rückzahlung der nach dem Widerruf des Darlehensvertrags von dem Darlehensnehmer noch erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen entsprechend § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB verweigern, bis er die Ware zurückerhalten hat oder eine der anderen Voraussetzungen des § 357 Abs. 4 BGB erfüllt ist.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers. Der Kläger erwarb im November 2014 einen gebrauchten Mercedes zum Kaufpreis von 22.760,74 €. Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Parteien mit Datum vom 14.11.2014 einen Darlehensvertrag über 22.760,74 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,95% p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten, beginnend im April 2015, in 48 Monatsraten zu je 284,09 € und einer Schlussrate von 11.152,76 € erbracht werden. Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags per Widerrufsinformation.

Mit Schreiben von Februar 2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung und bot der Beklagten an, ihr im Rahmen der Rückabwicklung das finanzierte Fahrzeug an einen von ihr zu benennenden Vertragspartner in seiner Nähe zu übergeben. Nachdem die Beklagte den Widerruf als verfristet zurückgewiesen hatte, forderte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 20.3.2019 die Beklagte auf, die „geleistete Anzahlung sowie die Tilgungszahlungen binnen sieben Tagen nach Rückgabe des obengenannten Fahrzeugs herauszugeben“, und bot ihr an, das Fahrzeug an einen Kfz-Vertragshändler ihres Hauses an seinem Wohnort oder an den Fahrzeughändler, bei dem er das Fahrzeug erworben habe, zurückzugeben. Im April 2019 löste er das Darlehen ab.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 24.328,19 € nebst Zinsen binnen sieben Tagen nach Übergabe und Übereignung des finanzierten Fahrzeugs, die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann ein wirksamer Widerruf des streitgegenständlichen, gem. § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen (Allgemein-)Verbraucherdarlehensvertrags zwar nicht verneint werden. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen war (§ 561 ZPO).
Soweit der Kläger den ihm dem Grunde nach zustehenden Anspruch aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf Rückgewähr der von ihm an die Beklagte geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen geltend macht, ist die Klage jedenfalls derzeit unbegründet. Insoweit steht der Beklagten was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem vorleistungspflichtigen Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat. Dass die Beklagte angeboten hätte, das Fahrzeug beim Kläger abzuholen (§ 357 Abs. 4 Satz 2 BGB), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit der Kläger Zahlung „nach“ Herausgabe des Fahrzeugs begehrt, setzt dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraus, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist dies aber nicht der Fall.

Die wörtlichen Angebote des Klägers waren zur Herbeiführung eines Annahmeverzugs der Beklagten unzureichend, weil diese seiner Vorleistungspflicht nicht genügt haben. Mit Schreiben vom 21.2.2019 hat der Kläger der Beklagten lediglich angeboten, das finanzierte Fahrzeug an einen von ihr zu benennenden Vertragspartner in seiner Nähe zu übergeben. Mit Anwaltsschreiben vom 20.3.2019 hat der Kläger der Beklagten ebenfalls nur angeboten, das Fahrzeug an einen Kfz-Vertragshändler ihres Hauses an seinem Wohnort oder an den Fahrzeughändler, bei dem er das Fahrzeug erworben habe, zurückzugeben. Dies genügt zur Erfüllung seiner Bringschuld nicht. Soweit der Kläger der Beklagten das Fahrzeug in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung und in der Revisionsbegründung erneut angeboten hat, kann er damit bereits aus prozessualen Gründen nicht gehört werden, weil die Feststellung des Annahmeverzugs damit auf einen neuen Sachverhalt gestützt wird und dies eine Klageänderung darstellt, die in der Revisionsinstanz unzulässig ist.

Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht der Beklagten auch in Bezug auf die von dem Kläger nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen erfolgten Zahlungen zu. Insoweit findet im Fall der Wirksamkeit des Widerrufs der Rückzahlungsanspruch des Klägers zwar seine Grundlage in § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Bei dem Wertersatzanspruch des Unternehmers nach § 357 Abs. 7 BGB handelt es sich aber um einen auf den Zeitraum zwischen Übergabe der Ware an den Käufer und Rückgabe der Ware an den Unternehmer bezogenen einheitlichen Anspruch, der durch den Widerruf des Darlehensvertrags keinen zeitlichen Einschnitt erfährt. Aufgrund dessen ist es im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers, die auch dazu dient, dem Unternehmer die Bemessung seines Wertersatzanspruchs zu ermöglichen, sachgerecht und in dessen berechtigtem Interesse, dass dem Unternehmer oder im Fall des Verbundgeschäfts dem Darlehensgeber das Leistungsverweigerungsrecht aus § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB entsprechend auch gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Käufers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung der nach Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten zusteht. Etwas Anderes wäre schon aus praktischen Gründen in der Regel undurchführbar und widerspräche dem gesetzlichen Regelungskonzept.

Vorsorglich weist der Senat für ein etwaiges Folgeverfahren darauf hin, dass aus der Abweisung des Rückgewähranspruchs als derzeit unbegründet lediglich in Rechtskraft erwächst, dass der Kläger gegen die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte, nicht dagegen, dass die Beklagte einem solchen Anspruch nicht weitere Einreden und Einwendungen entgegenhalten kann.
(BGH v. 25.1.2022 – XI ZR 559/20)