Die zur GmbH entwickelten Mindestanforderungen für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten erfassen, gelten auch für Personengesellschaften, bei denen der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nicht unter den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft auszutragen sind. Im Zweifel lässt eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis umfasst, auf den Willen der Vertragsparteien schließen, im Falle ihrer Teilnichtigkeit nicht vollständig von ihr Abstand zu nehmen, sondern sie im zulässigen Umfang aufrechtzuerhalten.
Der Sachverhalt:
An der mit Gesellschaftsvertrag vom 23.9.1997 gegründeten S. mbH und Co. KG (nachfolgend: Gesellschaft) waren ursprünglich die Antragsgegnerin zu 1) – eine GmbH – als persönlich haftende Gesellschafterin sowie der Vater der Antragsteller und der Vater des Antragsgegners zu 2) als Kommanditisten mit einer Kommanditeinlage von jeweils 50.000 DM beteiligt. Der eine Kommanditanteil wurde später zu gleichen Teilen auf die drei Antragsteller übertragen, der andere auf den Antragsgegner zu 2).
§ 11 des Gesellschaftsvertrags lautet auszugsweise:
(2) Die Gesellschafterversammlung ist zumindestens einmal jährlich von der persönlich haftenden Gesellschafterin einzuberufen. Die Einberufung erfolgt schriftlich. Der Brief ist an die Gesellschafter wenigstens drei Wochen vor dem Sitzungstag abzusenden und muss die Tagesordnung enthalten.
(10) Über die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse wird ein Protokoll geführt. Das Protokoll gilt als anerkannt, wenn nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen schriftlich Einspruch bei der Gesellschaft erhoben worden ist
(11) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung können nur binnen zwei Monaten nach Zugang des Protokolls angefochten werden.
§ 19 des Gesellschaftsvertrags enthält unter der Überschrift „Schiedsgericht“ die folgende Regelung:
Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gesellschaftern untereinander oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden. Dies gilt auch für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages und einzelner seiner Bestimmungen und für Gestaltungsklagen sowie für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieser Schiedsgerichtsvereinbarung.
In § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ist bestimmt:
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages oder Teile von Bestimmungen nichtig oder unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Die betreffende Bestimmung ist durch eine solche zu ersetzen, durch die der erstrebte wirtschaftliche und rechtliche Zweck weitgehend erreicht wird.
Am 23.9.1997 schlossen die Gründungsgesellschafter unter einleitender Bezugnahme auf den Gesellschaftsvertrag einen Schiedsvertrag, der in seinem § 1 eine mit § 19 des Gesellschaftsvertrags gleichlautende Regelung enthält. Aufgrund seit Jahren bestehender Differenzen zwischen den Gesellschafterfamilien betreiben die Antragsgegner den Ausschluss des Antragstellers zu 3) aus der Gesellschaft. Sie reichten eine Schiedsklage ein und beantragten, die Antragsteller zu 1) und 2) zu verurteilen, die Zustimmung zum Ausschluss des Antragstellers zu 3) aus der Gesellschaft zu erteilen sowie den Antragsteller zu 3) aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen. Die Antragsteller rügten die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts. Das Schiedsgericht erklärte sich mit Zwischenentscheid vom 25.8.2020 für zuständig, über den angekündigten Sachantrag zu entscheiden.
Auf Antrag der Antragsteller hob das OLG den Zwischenentscheid auf und stellte fest, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der Schiedsklage angekündigten Anträge unzuständig ist. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies die Anträge der Antragsteller zurück.
Die Gründe:
Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das OLG die Schiedsvereinbarungen in § 19 des Gesellschaftsvertrags und § 1 des Schiedsvertrags hinsichtlich der Einbeziehung von Beschlussmängelstreitigkeiten für unwirksam gehalten hat, weil sie den Mindestanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH nicht genügen. Die zur GmbH entwickelten Mindestanforderungen für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten erfassen (vgl. BGH, Urteil vom 6.4.2009 – II ZR 255/08; Urteil vom 26.6.2018 – II ZR 205/16), gelten auch für Personengesellschaften, bei denen der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nicht unter den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft auszutragen sind.
Eine Abweichung von den zur GmbH für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen über Beschlussmängelstreitigkeiten entwickelten Anforderungen ist geboten, soweit Beschlussmängelstreitigkeiten nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft mit den Mitgesellschaftern auszutragen sind. Bei Personengesellschaften wird die Nichtigkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung durch Erhebung einer Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Das im Rechtsstreit ergehende Urteil entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber den nicht am Verfahren beteiligten Mitgesellschaftern. Die Gefahr, dass Gesellschafter durch ein Urteil gebunden werden, ohne zuvor auf das Verfahren Einfluss nehmen zu können, besteht angesichts dessen nicht. Soweit dem Beschluss vom 6.4.2017 (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16) Gegenteiliges zu entnehmen sein sollte, hält der Senat daran nicht fest.
Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft bestimmt, dass Beschlussmängel durch eine Klage gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen sind. Zwar gelten die Regelungen zur Rechtskrafterstreckung nach § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG, die auf die GmbH entsprechend anwendbar sind, auch in diesem Fall bei Personengesellschaften nicht. Allerdings sind die Mitgesellschafter nach der Rechtsprechung des BGH schuldrechtlich verpflichtet, sich an die im Rechtsstreit gegen die Gesellschaft ergehende Entscheidung zu halten. Ein Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO). Ist die Schiedsklage gegen die Gesellschaft und nicht gegen die Mitgesellschafter zu richten, entsteht für die Mitgesellschafter somit eine Gefahr der Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes. Diese Gefahr kann durch die Annahme einer Informationspflicht der Gesellschaft gegenüber den Mitgesellschaftern nicht ausgeräumt werden.
Die vom OLG vorgenommene Auslegung des Gesellschaftsvertrags, nach der die Gesellschafter Beschlussmängelstreitigkeiten mit der Gesellschaft auszutragen haben, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beurteilung des OLG, dass die Schiedsvereinbarungen in § 1 des Schiedsvertrags und § 19 des Gesellschaftsvertrags die Mindestanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH nicht erfüllen und daher mit Blick auf Beschlussmängelstreitigkeiten nichtig sind, greift die Rechtsbeschwerde nicht an. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde jedoch gegen die vom OLG angenommene Gesamtnichtigkeit der Schiedsvereinbarungen in § 19 des Gesellschaftsvertrags und § 1 des Schiedsvertrags. Im Zweifel lässt eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis umfasst, auf den Willen der Vertragsparteien schließen, im Falle ihrer Teilnichtigkeit nicht vollständig von ihr Abstand zu nehmen, sondern sie im zulässigen Umfang aufrechtzuerhalten. Vorliegend lassen sich die Schiedsvereinbarungen in § 19 des Gesellschaftsvertrags und § 1 des Schiedsvertrags darüber hinaus in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen.
(BGH v. 23.9.2021 – I ZB 13/21)