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Vorruhestandsregelung für Führungskräfte der Automobilindustrie (Konzept „60+“) ist nicht altersdiskriminierend

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31 Mrz, 2016
Vorruhestandsregelung für Führungskräfte der Automobilindustrie (Konzept „60+“) ist nicht altersdiskriminierend

Bietet ein Arbeitgeber (hier: ein Automobilkonzern) seinen leitenden Führungskräften an, abweichend vom Arbeitsvertrag bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres gegen Zahlung eines Kapitalbetrags aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden (Konzept „60+“), so liegt hierin keine Altersdiskriminierung. Es fehlt schon an einer Ungleichbehandlung wegen des Alters, weil allen Führungskräften das gleiche Angebot unterbreitet wird und überdies niemand gezwungen ist, das Angebot anzunehmen.
Der Sachverhalt:
Der 1952 geborene Kläger war seit 1985 bei dem beklagten Automobilkonzern beschäftigt. Zuletzt (seit 1995) war er Verkaufsleiter PKW einer Niederlassung der Beklagten und damit leitende Führungskraft. Ausweislich seines Arbeitsvertrags sollte das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres enden.
2003 führte die Beklagte das Konzept „60+“ für leitende Führungskräfte ein, das die Möglichkeit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 60. Lebensjahres u.a. gegen Zahlung eines Kapitalbetrags vorsah. Sie unterbreitete auch dem Kläger ein entsprechendes Angebot auf Änderung seines Arbeitsvertrags, das dieser fristgerecht annahm. Später wurde das Konzept „60+“ durch das Konzept „62+“ ersetzt, wonach Führungskräften ab November 2012 ein vorzeitiges Ausscheiden mit Vollendung des 62. Lebensjahres angeboten werden sollte.
Der Kläger schied mit Ablauf des 31.10.2012 aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhielt einen Kapitalbetrag i.H.v. 123.120 Euro. Mit seiner Klage verlangte er von der Beklagten Schadensersatz und eine Entschädigung nach dem AGG. Zur Begründung berief er sich auf eine Benachteiligung aufgrund seines Alters – und zwar sowohl durch die Vereinbarung der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 60. Lebensjahres als auch dadurch, dass die Beklagte es unterlassen habe, ihm eine Umstellung seines Arbeitsverhältnisses auf das Konzept „62+“ anzubieten.
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung wegen Altersdiskriminierung aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters scheidet bereits deshalb aus, weil der Kläger keine weniger günstige Behandlung erfahren hat, als eine andere Person in vergleichbarer Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (§ 3 Abs. 1 AGG). Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte dem Kläger ein Vertragsangebot nach dem Konzept „60+“ unterbreitet hat, das dieser angenommen hat. Die Beklagte hat den Kläger insoweit nicht anders behandelt als die anderen leitenden Führungskräfte auch.
Nichts anderes ergibt sich, wenn man als maßgebliche Vergleichsgruppe auf die Gruppe der Mitarbeiter unterhalb der Ebene der leitenden Führungskräfte abstellt. Die Beklagte hat den Kläger nicht ungünstiger behandelt als diese Kollegen, denn sie hat ihm lediglich ein Angebot unterbreitet. Der Kläger war vollkommen frei, dieses Angebot anzunehmen oder abzulehnen.
Auch im Hinblick auf die dem Kläger nicht angebotene Umstellung seines Arbeitsvertrags auf das Konzept „62+“ liegt keine Altersdiskriminierung vor. Mit den Arbeitnehmern, die dieses Angebot im November/Dezember 2012 erhalten haben, ist der Kläger nicht vergleichbar, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden war.
(BAG 17.3.2016, 8 AZR 677/14)