Zugunsten des Arbeitgebers greift gegenüber dem Schadensersatzverlangen eines Beschäftigten, der infolge eines Versicherungsfalls einen Personenschaden erlitten hat, das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein, es sei denn, der Arbeitgeber hat den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg (Wegeunfall) herbeigeführt. Der versicherte Weg endet regelmäßig mit Betreten des Geländes, womit ein Personenschaden auf dem Gelände keinen Wegeunfall darstellt.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Seniorenpflegeheim betreibt, langjährig als Pflegekraft beschäftigt. Sie stellte vor Arbeitsbeginn ihr Fahrzeug auf einem Parkplatz außerhalb des Geländes des Seniorenpflegeheims ab und begab sich sodann zu Fuß zum Seiteneingang des Pflegeheims. Dort rutschte die Klägerin auf dem Weg, der schon zum Betriebsgelände gehörte und weder gesalzen noch beleuchtet war aus und zog sich dabei eine Außenknöchelfraktur zu.
Die Klägerin erhielt von der Beklagten Verletztengeld. Mit ihrer Klage begehrte sie die Zahlung von Schmerzensgeld, sowie weitere Kosten die durch die Pflege und Fahrtkosten zum Arzt entstanden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung war vor dem LAG erfolglos. Das BAG wies die eingelegte Revision der Klägerin ab.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld und sonstiger durch den Sturz entstandener Schäden von der beklagten Arbeitgeberin.
Die Beklagte konnte sich wirksam auf das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berufen. Unternehmer sind demnach den gesetzlich Unfallversicherten, die für ihr Unternehmen tätig sind, zum Ersatz von Personenschäden nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Die Haftungsprivilegierung bezieht sich auf alle Haftungsgründe des bürgerlichen Rechts einschließlich der Gefährdungshaftung.
Die Verletzung der Klägerin stellt für diese einen Arbeitsunfall und damit einen Versicherungsfall dar, weswegen ein Verletztengeld zu zahlen ist, was bereits unstreitig geschehen ist. Darüber hinaus besteht aufgrund der Haftungseinschränkung keine Verpflichtung für die Beklagte. Die Beklagte führte den Versicherungsfall nicht vorsätzlich herbei.
Der Unfall ereignete sich auch nicht auf einem versicherten Weg. Dies ist der mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Weg nach und vor dem Ort der Tätigkeit. Ort der Tätigkeit ist in der Regel das gesamte Werksgelände. Der Weg nach dem Ort der Tätigkeit endet damit im Allgemeinen mit dem Durchschreiten oder Durchfahren des Werkstores. Es ist nicht zulässig, von Fall zu Fall auf die speziellen örtlichen und baulichen Verhältnisse der jeweiligen Betriebsstätte abzustellen.
(BAG v. 28.11.2019 – 8 AZR 35/19)