Ist für einen Beschluss nach der Satzung eine „einfache Mehrheit“ erforderlich, ist diese erreicht, wenn für den Beschlussgegenstand mehr Stimmen abgegeben werden als gegen ihn. Dabei kommt es auf die abgegebenen Stimmen an. Enthaltungen werden nicht mitgezählt.
Worum ging es?
Der Vorstand des Beteiligten hatte mit notarieller Urkunde vom 11.7.2019 unter Vorlage des Protokolls der Mitgliederversammlung, einer brieflichen Abstimmung vom 6.4.2019, Herrn L und Frau S als stellvertretende Vorsitzende zur Eintragung in das Vereinsregister beim AG – Registergericht – angemeldet. In dem beigefügten Protokoll ist u.a. festgehalten, dass Herr L 79 Ja-Stimmen und Frau S mit 74 Ja-Stimmen gewählt worden sind bei 172 stimmberechtigten Stimmen. Angaben zu Gegenstimmen oder Enthaltungen gibt es im Protokoll nicht.
Das Registergericht wies darauf hin, dass bei 172 abgegebenen Stimmen für die Wahl der stellvertretenden Vorstandsmitglieder jeweils 87 Ja-Stimmen erforderlich seien, sofern es keine Stimmenthaltungen gegeben habe, da nach den Bestimmungen der Satzung in § 7 Abs. 7 S. 3 eine einfache Mehrheit erforderlich sei. Die aktuelle Satzung in der Fassung vom 15.4.2017 lautet hinsichtlich Abstimmung und Wahlen in § 7 Abs. 7 S. 3: „Die Mitgliederversammlung fasst ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen.“ Der Beteiligte wies sodann darauf hin, dass hier die Bedeutung des rechtlichen Begriffs der einfachen Mehrheit für die Vereinsmitglieder die der relativen Mehrheit sei und schlug vor, die Satzung ohne Mitgliederversammlung entsprechend zu ändern.
Mit Beschluss vom 13.8.2019, dem Notar ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 20.8.2019 zugestellt, hat das AG die Anmeldung vom 11.7.2019 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.
Rechtliche Begründung
Das Registergericht hat die Anmeldung nach § 67 Abs. 1 BGB zu Recht zurückgewiesen, da die Wahl der angemeldeten stellvertretenden Vorsitzenden unwirksam war. Schließlich ergibt sich aus dem eingereichten Protokoll der Mitgliederversammlung nicht, ob die beiden zur Eintragung als stellvertretende Vorsitzende angemeldeten Kandidaten mit der nach § 7 Abs. 7 S. 3 der Satzung notwendigen einfachen Mehrheit der Stimmen gewählt worden waren. Es ließ sich nämlich nicht feststellen, ob diejenigen Mitglieder, die nicht mit „Ja“ abgestimmt hatten, sich der Wahl enthalten oder aber mit „Nein“ abgestimmt hatten. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die verbleibende Mehrheit gegen die Kandidaten gestimmt hatte, konnte keiner der beiden angemeldeten Personen als gewählt angesehen werden.
Die einfache Mehrheit – wie in § 7 Abs. 7 S. 3 der Satzung festgelegt – erreicht ein Beschlussantrag bzw. Wahlvorschlag dann, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Erforderlich ist somit, dass die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft; Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Festlegung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt. Wenn anstelle der einfachen die sog. relative Mehrheit, also die Mehrheit aller abgegebenen Ja- und Neinstimmen, hätte maßgebend sein sollen, so hätte dies nach § 40BGB einer entsprechenden Bestimmung in der Satzung bedurft.
Ein anderes Mehrheitserfordernis ließ sich auch nicht durch Auslegung der Satzung erzielen. Die Auslegung der Vereinssatzung ist aus sich heraus nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Der Wortlaut hat eine erhöhte Bedeutung, während die Umstände nur eingeschränkt für die Auslegung zu berücksichtigen sind. Und der Wortlaut der Satzung sieht eindeutig die „einfache“ Mehrheit in § 7 Abs. 7 S. 3 vor. Bei der gebotenen objektiven Auslegung kann es nur auf die zutreffende Bedeutung ankommen. Dass der Begriff „einfache Mehrheit“ häufig missverstanden wird, kann daran nichts ändern. Eine nach der Satzung erforderliche einfache Mehrheit ist nicht als relative, sondern als absolute Mehrheit zu verstehen.
Dem steht auch nicht die Feststellung der Kandidaten als „gewählt JA“ im Protokoll vom 6.4.2019 entgegen. Denn der Feststellung des Abstimmungsergebnisses kommt keine konstitutive Wirkung zu, da es kein fristgebundenes Anfechtungsrecht wie etwa bei der Aktiengesellschaft gibt. Die Satzung sieht auch keine eindeutige Ausnahme dieses Prinzips durch entsprechende Bestimmung bzgl. der Wirkung der Feststellung des Abstimmungsergebnisses im Protokoll vor
(KG Berlin v. 23.5.2020 – 22 W 61/19)