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Weihnachtsgratifikation: Leistungsbestimmungsrechts des Arbeitgebers über die Höhe

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19 Dez, 2017
Weihnachtsgratifikation: Leistungsbestimmungsrechts des Arbeitgebers über die Höhe

Räumt der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber in zulässiger Weise ein in Bezug auf die Höhe der Sonderzahlung einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. 315 BGB ein, kann er über die Höhe jeweils nach billigem Ermessen entscheiden. Ob die Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht ist einzelfallabhängig. Allein die gleiche Bestimmung der Höhe über einen längeren Zeitraum, führt nicht dazu, dass jede andere Leistungsbestimmung nicht mehr der Billigkeit entspräche.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1984 als DUP-Operator beschäftigt. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Arbeitsvertrag beinhaltet in § 3 zum Entgelt die Regelung, dass zusätzlich zum Grundgehalt eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt. Zudem wird danach im Juni ein Vorschuss in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt.
Bis einschließlich 2013 leistete die Beklagte an die Klägerin in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts. Eine Hälfte wurde dabei als Vorschuss mit der Vergütung für Mai und die andere mit der Vergütung für November abgerechnet und ausgezahlt. Die Verdienstabrechnung der Klägerin für Mai 2014 enthielt wie zuvor einen mit Abschlussjahresgratifikation bezeichneten Betrag in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts, der auch ausgezahlt wurde.
Nachdem die Beklagte im August 2014 die Prognose eines negativen Betriebsergebnisses vor den Steuern erstellte, wenn sie die zweite Hälfte der Weihnachtsgratifikationen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 350.000 € zahlen würde, entschied sie, keine weitere Gratifikation zu zahlen. Im Oktober 2014 informierte sie die Klägerin darüber.
Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung der zweiten Hälfte der Weihnachtsgratifikation für 2014. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung der zweiten Hälfte der Weihnachtsgratifikation für 2014 verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 3 des Arbeitsvertrags.
Mit der Verwendung der Formulierung „Zusätzlich zum Grundgehalt“ in § 3 des Arbeitsvertrags begründet der Arbeitgeber einen Entgeltanspruch des Arbeitsnehmers. Zur Höhe der Weihnachtsgratifikation bestimmt der Arbeitsvertrag, dass sie „jeweils jährlich durch den Arbeitgeber“ festgelegt wird. Die Regelung lässt erkennbar offen, welche Höhe die Gratifikation zukünftig erreicht. Damit kann die Beklagte die Höhe der Weihnachtsgratifikation einseitig nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB festsetzen. Gleiches gilt für den Vorschuss. Dies ist auch grundsätzlich zulässig. Ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle.
Dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie in der Vergangenheit stets eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts gezahlt hat. Die gleichbleibende Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts führt nicht zu einer solchen Konkretisierung, dass jede andere Leistungsbestimmung per se nicht mehr billigem Ermessen entspräche. Der vorbehaltlosen Zahlung des Vorschusses im Mai 2014 konnte die Klägerin ebenso nicht entnehmen, dass die Beklagte auch diesmal insgesamt eine ganzes Bruttomonatsgehalt zahlen werde.
Der Anspruch der Klägerin auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen, nachdem die Beklagte das ihr zustehende Bestimmungsrecht wirksam ausgeübt und der Klägerin mitgeteilt hat, dass die Zahlung des zweiten Teils der Gratifikation aus wirtschaftlichen Gründen nicht ausbezahlt werden könne. Diese Leistungsfestsetzung entspricht der Billigkeit, denn die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, welche wirtschaftlichen Umstände sie zur Entscheidung bewogen haben. Die Entscheidung ist zudem nachvollziehbar, denn das Betriebsergebnis hätte nach den Prognosen vor Steuern Ende 2014 im vierstelligen Bereich unter null gelegen.
(BAG 23.8.2017, 10 AZR 376/16)