- Störungen in der Lieferantenbeziehung bzw. bei Warenlieferungen
Sofern es bei Lieferungen, insbesondere bei Lieferketten, zu Störungen oder gar kompletten Lieferausfällen kommt, fragt es sich ob der Lieferant hierfür haftbar gemacht werden kann.
Hier kommt es primär darauf an, ob es sich um ein innerdeutsches oder grenzüberschreitendes Lieferverhältnis handelt. Bei letzterem sind die Ansprüche aus Leistungsstörung nach dem jeweilig geltenden ausländischen Recht zu prüfen.
Bei innerdeutschen Lieferstörungen aufgrund der CORONA-Krise wird sich der Lieferant regelmäßig auf „höhere Gewalt“, „Unmöglichkeit“ gem. § 275 BGB oder gar auf den „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ gem. § 313 BGB berufen. Ob die jeweiligen Voraussetzungen dieser Einwendungen vorliegen, muss jeweils im Einzelfall anhand des mit dem Lieferanten abgeschlossenen Vertrages genauer überprüft werden.
Da das deutsche Kaufrecht den Begriff der „höheren Gewalt“ nicht kennt, kann sich der Lieferant hierauf nur dann berufen, wenn dieser in seinen Allgemeinen Geschäfts- oder Lieferbedingungen explizit aufgenommen und wirksamer Vertragsbestandteil geworden ist und sie auch für den Vertragspartner keine „überraschende“ Klausel (§ 305 c) BGB) oder „unangemessene Benachteiligung“ (§307 BGB) darstellt.
Grundsätzlich versteht man unter „höhere Gewalt“ ein von außen kommendes Ereignis, dass auch durch äußerste Sorgfalt nicht abwendbar und auch den Risikosphären der Vertragsparteien entzogen ist. Dies ist z.B. bei Naturkatstrophen, Erdbeben oder Überschwemmungen der Fall. Ob die CORONA-Krise hiervon umfasst ist, ist fraglich, allerdings im Zweifel ehe zu bejahen, als zu verneinen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich der Lieferant bereits vor Eintritt der Krisensituation in Verzug befand und jetzt gar nicht mehr liefern kann. Denn in diesem Falle liegt die Leistungsstörung allein in seiner Risikosphäre.
Fehlt allerdings eine derartige Regelung (oft auch als „Force Majeure-Klausel“ bezeichnet) in den AGB oder finden diese aus anderen Gründen keine Anwendung, wäre die weitere rechtliche Prüfung, ob sich der Lieferant auf „Unmöglichkeit“ nach § 275 BGB berufen kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn ihm die Warenbeschaffung auch aus anderen Quellen überhaupt nicht mehr möglich ist. Sollte allerdings eine Lieferung zwar nicht unmöglich, jedoch deutlich erschwert und nur gegen höhere Kosten möglich sein, so wäre zu prüfen, ob sich der Lieferant dann noch gemäß § 313 BGB auf „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ berufen kann, welches oftmals eine Vertragsanpassung oder gar die Vertragsaufhebung zur Folge haben könnte.
Auf jeden Fall sollten beide Parteien eventuell vertraglich bestehende Garantieverpflichtungen und andere Mitwirkungspflichten prüfen und den jeweils anderen Vertragspartner im Falle von Leistungsstörungen rechtzeitig informieren, um eine mögliche Haftung zu vermeiden oder diese wenigstens abzumildern.
Sofern der Lieferant keine rechtlich wirksamen Einwendungen oder Einreden erheben kann, kommen gegen ihn unterschiedliche Schadensersatzansprüche in Betracht, je nach dem, ob und in welcher Lieferkette das zu beliefernde Unternehmen steht und ob es selbst gegenüber seinem Endkunden aufgrund der ausgebliebenen Lieferung haftet.
- Leistungsverweigerungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen für Kleinunternehmen und allgemein bei Mietzinsen
Kleinunternehmen sind solche, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz von weniger als EUR 2 Mio. haben. Diese Unternehmen können bei wesentlichen Dauerschuldverhältnissen ihre Leistungserbringung dann verweigern, wenn ihnen die Erbringung aufgrund der CORONA-Krise nicht möglich ist oder diese ihre wirtschaftliche Lage akut gefährden würde. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind dabei solche, die zur angemessenen Fortsetzung des Unternehmens erforderlich sind. Die Erfüllung der Kriterien für das Leistungsverweigerungsrecht hat das jeweilige Unternehmens selbst nachzuweisen.
Was das gewerbliche Mietrecht angeht, so wird vereinzelt vertreten, dass dem Mieter ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zustehen würde, da ihm das Festhalten des Vermieters am Vertag und damit am vereinbarten Mietzins nicht zugemutet werden könne. Fakt ist allerdings, dass das Risiko der Nutzungsmöglichkeit der Mietsache und damit das betriebswirtschaftliche Risiko allein beim Mieter selbst liegt. Solange die Nutzungseinschränkung oder gar -aufhebung außerhalb des Einflussbereichs des Vermieters liegt, kann der Mieter nicht auf eine Vertragsanpassung beharren (BGH XII ZR 63/90, Urt. vom 11.12.1991). Unabhängig hiervon steht dem Mieter allerdings bei Nichtzahlung der Miete aufgrund der CORONA-Krise für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 ein Kündigungsschutz zu, auch wenn die Mietzinsen für diesen Zeitraum weiterhin als fällig gelten.
- Neuerungen im Gesellschaftsrecht
Am 28.03.2020 ist das sogenannte „COVID-19-Gesetz“ in Kraft getreten, welches zunächst bis zum 31.12.2021 gelten soll. Nach dieser Regelung können Gesellschafterversammlungen der GmbH abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG auch ohne das Einverständnis sämtlicher Gesellschafter in Textform oder im Wege eines Umlaufbeschlusses abgehalten werden. Das bedeutet, dass die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit sich für einen Umlaufbeschluss und damit gegen eine Präsenzversammlung entscheiden können.
Ähnliches gilt für Aktiengesellschaften. Auch hier kann der Vorstand zu einer sogenannten Online-Hauptversammlung laden, ohne dass dies die Satzung explizit vorschreibt.
- Compliance-Management zur Schadensabwendung in Krisenzeiten
Gerade in Krisenzeiten ist die Geschäftsleitung eines Unternehmens mit hohen Haftungsrisiken konfrontiert, gilt es doch jeglichen Schaden von den Mitarbeitern und vom Unternehmen abzuwenden sowie auch die Liquidität zu sichern. Dies stellt gerade in Krisensituationen einen hohen Kraftakt dar, der routinierte und effektive (Präventions-)Maßnahmen für den Fortbestand des Geschäftsbetriebes erfordert.
Unentbehrliche Grundlage für das Handeln der Geschäftsleitung in Krisenzeiten ist zunächst die Risikoidentifikation, deren Analyse und anschließende Bewertung. Für die Geschäftsleitung bedeutet dies konkret: Mit welchen Risiken ist das Unternehmen in der CORONA-Krise konfrontiert? Wie wahrscheinlich könnten sich diese realisieren? Und welche Folgen wären hiermit verbunden?
Erst auf Basis dieser Erkenntnisse lässt sich sodann ein auf den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens ausgelegtes Risikomanagement-System implementieren, die der Geschäftsleitung einen (Epidemie-)plan an die Hand gibt, um mögliche Gefahren abzuwenden bzw. diese durch geeignete Gegenmaßnahmen zumindest abzumildern (und auf diese Weise auch die eigene Haftung zu vermeiden).
- Unternehmensnachfolge- und Unternehmenskauf während der CORONA-Krise
Die CORONA-Krise beeinträchtigt auch viele Unternehmenstransaktionen. Je nach dem, in wie weit das zum Erwerb stehende Zielunternehmen von der Unternehmenskrise nachteilig betroffen ist und in welchem Stadium sich der Transaktionsprozess befindet, stehen unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten offen.
Sofern sich das Unternehmen bereits in der Schieflage befindet bzw. sich diese mit zunehmender Betriebseinschränkung abzeichnet, fragt es sich, ob man in dem Stadium nach Unterzeichnung des Kaufvertrages aber noch vor dem Unternehmensübergang vom Transaktionsprozess zurücktreten kann. In zahlreichen Unternehmenskaufverträgen finden sich sogenannte MAC-Klauseln (Material Adverse Change), nachdem dem Erwerber im Falle von wesentlich nachteiligen Veränderungen des Zielunternehmens (in der Umsatz-, Ertrags- oder Vermögenslage) aufgrund unvorhersehbaren Ereignissen ein Rücktrittsrecht eingeräumt wird. Ob die CORONA-Krise hiervon erfasst ist, bedarf einer Einzelfallüberprüfung. Sollten Pandemien im Kaufvertrag in der Tat ein Rücktrittsrecht einräumen, muss dies allerdings nicht unbedingt den Rücktritt vom Transaktionsprozess bedeuten. Vielmehr kann dieses dem Käufer als willkommener Anlass zu einer Nachverhandlung des Kaufpreises dienen.
Sofern der Transaktionsprozess sich noch im Verhandlungsstadium, d.h. noch vor der Kaufvertragsunterzeichnung befindet, sollten die Vertragsparteien klären, ob der Prozess für einen gewissen Zeitraum unterbrochen oder ganz beendet werden soll. Im ersteren Fall sollte dann auch hinterfragt werden, ob die oftmals im Vorprozess gegenseitig vereinbarte Exklusivitätsklausel weiterhin gelten oder zumindest für die Unterbrechungsdauer aufgehoben werden soll.