Ein Unternehmen erfüllt seine Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1, 4 AktG nur dann ordnungsgemäß mit der Folge, dass § 20 Abs. 7 AktG die Ausübung der Rechte aus den Aktien nicht ausschließt, wenn die Gesellschaft nicht korrigierend eingreifen muss, vielmehr die Beteiligung und deren Inhaber, wie sie ihr mitgeteilt worden sind, bekannt machen kann, ohne dass in der Öffentlichkeit Zweifel entstehen, welche Art Beteiligung gemeint und wem sie zuzurechnen ist. Eine bereits vor dem Erwerb der Beteiligung erfolgte Mitteilung ist zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, die vor ihrer formwechselnden Umwandlung in eine GmbH eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft war, verlangt von der Beklagten die Rückzahlung von Gewinnausschüttungen (Dividenden) wegen unterlassener Mitteilungen nach § 20 AktG. Die Beklagte ist eine AG & Co. KG, als deren einzige Kommanditistin vom 14.1.2002 bis zum 12.12.2006 die A. Bank Ltd. mit Sitz in Johannesburg/Südafrika im Handelsregister eingetragen war. Gegen Ende des Jahres 2002 erwarb die Beklagte von der H-mbH & Co. (H) sämtliche Aktien der Klägerin. Der Verkauf der Aktien bedurfte nach der Satzung der Klägerin der Zustimmung der Hauptversammlung; in diesem Zusammenhang wurde der Klägerin der am 16.12.2002 unterschriebene Kaufvertrag oder jedenfalls der Kaufvertragsentwurf übersandt.
Darin heißt es:
„1. H ist alleiniger Aktionär der H-AG (der Klägerin), die im Handelsregister des Amtsgerichts H. unter HRB eingetragen ist, mithin also Inhaber von 500 Namensaktien à DM 1.000,00, und ist im Aktienbuch der Gesellschaft als alleiniger Aktionär verzeichnet.
2. H. verkauft und tritt ab an die Bank (die Beklagte) und die Bank kauft und nimmt die Abtretung an.
Die Übertragung erfolgt mit Wirkung vom 31.12.2002.
4. Die Hauptversammlung der H. AG hat gem. § 5 Abs. 4 ihrer Satzung die Zustimmung zur Übertragung der Aktien an die Bank beschlossen.“
Mit Schreiben vom 7.10.2005 teilte die Beklagte dem Vorstand der Klägerin unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 AktG mit, dass ihr unmittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre. In entsprechender Form teilte die B. PLC mit Schreiben vom 25.11.2005, durch das eine vorherige Mitteilung vom 11.10.2005 korrigiert wurde, mit, dass ihr mittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre, wobei die Beteiligung unmittelbar von der Beklagten gehalten werde. Die Beklagte sei von der A. Bank Ltd., diese von der A. Group Ltd., diese von der B. Bank PLC und diese wiederum von der B. PLC abhängig, der daher die Beteiligung (an der Klägerin) nach § 16 Abs. 4 AktG zuzurechnen sei. Die Klägerin macht geltend, dass notwendige Mitteilungen, sowohl der Beklagten als auch der über die Beklagte mittelbar an der Klägerin beteiligten Unternehmen, unterblieben seien. Sie beanspruchte deshalb die Rückzahlung der für den Zeitraum von 2002 bis 2008 an die Beklagte ausgeschütteten Dividenden i.H.v. insgesamt rd. 12,7 Mio. €.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin, mit der sie insbesondere ihren Rückgewähranspruch hinsichtlich der für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 ausgeschütteten Dividenden i.H.v. rd. 4,1 Mio. € weiterverfolgt, hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Rückgewähr der von der Beklagten bezogenen Gewinnausschüttungen für die Jahre 2002 bis 2004 nicht verneint werden.
Die Beklagte war als Unternehmen i.S.d. § 20 AktG zur unverzüglichen schriftlichen Mitteilung einer Mehrheitsbeteiligung gem. § 20 Abs. 4 AktG verpflichtet, da sie zum 31.12.2002 sämtliche Aktien der Klägerin erworben hatte. Der Mitteilungspflicht unterliegt auch ein Unternehmen, das, wie hier die Beklagte, durch den Erwerb der Aktien Alleinaktionär geworden ist. Ferner oblag der Beklagten eine eigene Mitteilungspflicht auch dann, wenn sie von anderen, ihrerseits mitteilungspflichtigen Unternehmen abhängig (§ 17 Abs. 1 AktG) war. Die Verletzung einer nach § 20 AktG bestehenden Mitteilungspflicht hat u.a. zur Folge, dass für die Zeit, für die das Unternehmen die Mitteilungspflicht nicht erfüllt, kein Gewinnbezugsrecht besteht (§ 20 Abs. 7 S. 1 AktG), wobei dies nicht gilt, wenn die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen wurde und nachgeholt worden ist (§ 20 Abs. 7 S. 2 AktG). Gleichwohl gewährte Dividenden sind zurückzugewähren, sofern der betreffende Aktionär wusste oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wusste, dass er zum Bezuge nicht berechtigt war (§ 62 Abs. 1 AktG).
Auf der Grundlage der Feststellungen des OLG kann eine Erfüllung der Mitteilungspflicht der Beklagten nicht angenommen werden. Das OLG hat die Erfüllung der Mitteilungspflicht aus § 20 Abs. 4 AktG allein anhand des Kaufvertrags geprüft. Es hat es zumindest für möglich gehalten, dass der Klägerin lediglich der Entwurf des Kauf- und Abtretungsvertrags zwischen der Beklagten und HTS übermittelt wurde. Damit wäre den Anforderungen des § 20 Abs. 4 AktG nicht entsprochen. Der Gesellschafter genügt seiner Mitteilungspflicht nur, wenn die Gesellschaft nicht korrigierend eingreifen muss, vielmehr die Beteiligung und deren Inhaber, wie sie ihr mitgeteilt worden sind, bekannt machen kann, ohne dass in der Öffentlichkeit Zweifel entstehen, welche Art Beteiligung gemeint ist und wem sie zuzurechnen ist. Aus dem auf die Publikation nach § 20 Abs. 6 AktG ausgerichteten Zweck der Mitteilungspflichten nach § 20 AktG ergibt sich des Weiteren, dass die schriftliche Mitteilung nach Form und Inhalt darauf ausgerichtet sein muss, von dem Vorstand der Aktiengesellschaft als Mitteilung i.S.v. § 20 AktG erfasst zu werden. Sie muss zudem erkennen lassen, auf welchen Mitteilungstatbestand sie sich bezieht, wozu ein zutreffender Hinweis auf die betreffenden Absätze des § 20 AktG ausreicht.
Wurde vorliegend lediglich der Kaufvertragsentwurf übermittelt, so lag hierin schon nicht die Mitteilung einer der Beklagten gehörenden Beteiligung. Denn der nach dem Entwurf vorgesehene Aktienerwerb hing noch von der Zustimmung der Hauptversammlung der Klägerin und darüber hinaus von dem endgültigen Vertragsabschluss ab, der sich aus dem bloßen Entwurf naturgemäß nicht ergeben konnte. Tatsachen, die die Gesellschaft zwar selbst feststellen, der Mitteilung aber nicht entnehmen kann, sind bei der Prüfung, ob die Mitteilung den gesetzlichen Anforderungen entspricht, nicht zu berücksichtigen. Außerdem erfolgte die Übertragung der Aktien – erst mit Wirkung zum 31.12.2002 und damit zeitlich nach der – unterstellten – Übersendung der Vertragsurkunde an die Klägerin. Auch aus diesem Grund entspricht die Übersendung nicht den gesetzlichen Anforderungen. § 20 Abs. 4 AktG schreibt eine Mitteilungspflicht des Gesellschafters vor, „sobald“ diesem eine Mehrheitsbeteiligung gehört. Damit ist der Gesellschafter zu einer Mitteilung verpflichtet, die zeitlich mit dem Erwerb der Anteile zusammenfällt oder diesem nachfolgt. Eine bereits vor dem Erwerb erfolgte Mitteilung ist demnach zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet.
BGH 5.4.2016, II ZR 268/14