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Zu den Anforderungen an eine formgültige Unterschrift

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29 Mrz, 2017
Zu den Anforderungen an eine formgültige Unterschrift

In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft bei den an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen ein großzügiger Maßstab anzulegen. Für die Frage, ob eine formgültige Unterschrift vorliegt, ist nicht die Lesbarkeit oder die Ähnlichkeit des handschriftlichen Gebildes mit den Namensbuchstaben entscheidend, sondern es kommt darauf an, ob der Name vollständig, wenn auch nicht unbedingt lesbar, wiedergegeben wird.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe und Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen. Das überwiegend klagabweisende Urteil des LG wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.7.2015 zugestellt. Mit Telefax vom 24.8.2015 legte dieser dagegen Berufung ein, die er mit Telefax vom 28.9.2015 (einem Montag) begründete. Die Unterschrift des Rechtsanwaltes bestand aus einem in die Länge gezogenen, nach oben offenen Halbkreis mit nach innen weisenden kurzen Schnörkeln.
In der Berufungserwiderung rügte die Beklagte, dass die Berufung nicht form- und fristgerecht eingelegt worden sei, da sowohl Berufungs- als auch Berufungsbegründungsschrift nicht ordnungsgemäß unterschrieben seien. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Schriftzug unter der Berufungsschrift keine individuellen charakteristischen Merkmale aufweise, die ihn als Wiedergabe eines Namens darstellten. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hob der BGH den Beschluss der Vorinstanz auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Das OLG durfte die Berufung des Klägers nicht gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO mit der Begründung verwerfen, die Berufungsschrift sei nicht ordnungsgemäß unterzeichnet und die Berufung damit nicht form- und fristgerecht eingelegt.
Eine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügende Unterschrift setzt nach BGH-Rechtsprechung einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug – anders als eine dem äußeren Erscheinungsbild nach bewusste und gewollte Namensabkürzung – als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt.
In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft bei den an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen ein großzügiger Maßstab anzulegen. Wichtig ist, dass sichergestellt wird, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wurde. Gemessen daran handelte es sich bei dem Schriftzug auf der Berufungsschrift um eine Unterschrift i.S.d. § 130 Nr. 6 ZPO. Das Berufungsgericht war zwar von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, hatte jedoch die Anforderungen an die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf der Berufungsschrift überspannt.
Bei dem Schriftzug im vorliegenden Fall handelte es sich um eine formgültige, einfach strukturierte, gleichwohl aber vollständige Namensunterschrift. Dem Berufungsgericht war zwar darin zu folgen, dass diese Unterschrift – anders als die Unterschriften zuvor etwa in der Klageschrift – keinen lesbaren Namenszug erkennen ließ. Es hatte aber nicht hinreichend beachtet, dass für die Frage, ob eine formgültige Unterschrift vorliegt, nicht die Lesbarkeit oder die Ähnlichkeit des handschriftlichen Gebildes mit den Namensbuchstaben entscheidend ist, sondern es darauf ankommt, ob der Name vollständig, wenn auch nicht unbedingt lesbar, wiedergegeben wird. Und dies war hier der Fall. Der Schriftzug, der vor allem aus einem in die Länge gezogenen, nach oben offenen Halbkreis mit jeweils nach innen weisenden kurzen Schnörkeln bestand, ließ die Absicht erkennen, eine volle Unterschrift zu leisten und den Schriftsatz nicht lediglich mit einer Paraphe oder Abkürzung abzuzeichnen.
(BGH 29.11.2016, VI ZB 16/16)