news

Schein-Werkvertrag: Keine Fiktion eines Arbeitsvertrags mit Entleiher bei Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

Kategorie

25 Jul, 2016
Schein-Werkvertrag: Keine Fiktion eines Arbeitsvertrags mit Entleiher bei Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG entsteht nur dann kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Liegt eine solche Erlaubnis vor, greift die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses daher selbst dann nicht ein, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist. Für eine analoge Anwendung der §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1 AÜG fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Sachverhalt:
Die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin hatte mit dem beklagten Automobilunternehmen „Werkverträge“ abgeschlossen, in deren Rahmen die Klägerin neun Jahre lang bei der Beklagten als technische Zeichnerin eingesetzt wurde. Die Vertragsarbeitgeberin verfügte über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.
Die Klägerin beantragte die Feststellung, dass zwischen der Beklagten und ihr kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Ihre Vertragsarbeitgeberin und die Beklagte hätten nur Scheinwerkverträge geschlossen, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Die Beklagte könne sich deshalb nicht auf die erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Nach den §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1 AÜG wird nur dann ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert, wenn der Verleiher über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Der Hintergrund:
Trotz des für die Arbeitgeber-Seite günstigen Prozessausgangs ist eine solche „Arbeitnehmerüberlassung auf Vorrat“ voraussichtlich kein zukunftsträchtiges Gestaltungsmittel Das Bundeskabinett hat am 1.6.2016 den „Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und weiterer Gesetze“ beschlossen, der solche Gestaltungen verhindern soll. Konkret ist u.a. eine Erweiterung von § 1 Abs. 1 AÜG um folgende Sätze 5 und 6 vorgesehen:
„Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.“
Die Neuregelung soll zum 1.1.2017 in Kraft treten.
(BAG 12.7.2016, 9 AZR 352)