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Probezeit-Kündigung eines Schwerbehinderten auch ohne vorheriges Präventionsverfahren möglich – Keine Diskriminierung

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3 Mai, 2016
Probezeit-Kündigung eines Schwerbehinderten auch ohne vorheriges Präventionsverfahren möglich – Keine Diskriminierung

Arbeitgeber müssen innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses kein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchführen, bevor sie einem schwerbehinderten Arbeitnehmer in der Probezeit kündigen können. Eine ohne vorheriges Präventionsverfahren ausgesprochene Probezeit-Kündigung des Arbeitsverhältnisses indiziert daher keine nach dem AGG entschädigungspflichtige Diskriminierung wegen der Behinderung.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist mit einem Grad von 50 schwerbehindert. Sie war seit dem 1.10.2012 beim beklagten Land als Leiterin der Organisationseinheit Qualitätsmanagement/Controlling des Landeskriminalamts beschäftigt. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Innerhalb dieser Probezeit kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis, ohne dass die Klägerin dies mit einer Kündigungsschutzklage angriff.
Im vorliegenden Verfahren machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Das beklagte Land habe ihr dadurch, dass es das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX nicht durchgeführt habe, die Möglichkeit genommen, etwaige behinderungsbedingte Fehlleistungen zu beheben. Hierin liege eine Diskriminierung wegen ihrer Schwerbehinderung. Das Präventionsverfahren sei zudem eine besondere Schutzmaßnahme zur Vermeidung von Nachteilen für Schwerbehinderte sowie eine „angemessene Vorkehrung“ i.S.v. Art. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG.
Ihre Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land aus § 15 Abs. 2 AGG auf Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung.
§ 84 Abs. 1 SGB IX schreibt dem Arbeitgeber zwar vor, dass er bei Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit einem schwerbehinderten Menschen, die zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen können, bestimmte Präventionsmaßnahmen durchzuführen hat. Arbeitgeber sind aber nicht schon innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG) verpflichtet, ein solches Präventionsverfahren durchzuführen.
Im Übrigen stellt das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine „angemessene Vorkehrung“ i.S.v. Art. 2 UN-BRK und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG dar.
(BAG 21.4.2016, 8 AZR 402/14)